Montag, 21. April 2014

Bergen-Oslo

Kommen wir nun zum traumatischsten Abschnitt unserer Reise....

Abgemacht war, dass Sarah fährt. Der Abend vorher war etwas zu feucht-fröhlich verlaufen und in Norwegen sind die Promillegrenzen niedriger als in Deutschland.
Hätte ich gewusst, wie der folgende Tag verlaufen sollte, hätte ich mich nach einer heißen Milch mit Honig um 7 Uhr ins Bett gelegt und gebetet...

Stian verabschiedete uns morgens noch (er war noch gar nicht im Bett gewesen also kann man sich ungefähr das Ausmaß der Feier vorstellen ;) ) und präsentierte uns ganz stolz, dass er noch Fürhstück für uns hätte. Das Frühstück bestand aus den Resten des Erdnusscouscous mit Hühnchen vom letzten Abend und jeder, der mal zu tief ins Glas geguckt hat, kann sich vorstellen, wie sehr sich mein Magen über diesen Anblick gefreut hat. Ich hab mich dann lieber für die Flasche Wasser entschieden....

Um 7 Uhr starteten wir dann den vorletzten Abschnitt unserer Reise. Meine Laune hing kurz über dem Gefrierpunkt. Ich wollte noch nicht weg. Ab jetzt konnte es nur noch schlechter werden und es fühlte sich so an, als wenn die Tour bereits vobei wäre. In Oslo wartete auch nur noch eine "langweilige" Jugendherberge auf uns. Und die Fjordgegend verließen wir nun auch.

Leider ging es nun auch noch ca 3,5h nur über Serpentinen (mein Magen führte ausgedehnte Selbstgespräche) und jedes Mal, wenn ich grade eingeschlafen war, weil die Straße mal 2 Meter lang grade verlief, kam auch schon die nächste scharfe Kurve.





Gegen Mittag kamen wir dann erneut in eine Hochebene und vor uns zeigten Schilder etws von Schneeketten an. Da Sarah und ich aber mittlerweile Profi im Ignorieren von unheilverkündenden Schildern waren, fuhren wir erstmal einfach weiter. Schließlich war ja bereits April....Und Schneeketten hatten wir ja schließlich auch dabei. Auf dem nächsten Schild stand dann "Kolonne"....nungut, langsam wurde uns etwas mulmig zumute. Zumal Sarah am Vortag noch etwas von Kolonnen in den Bergen gelesen hatte, was nicht grade dazu beitrug uns Mut zu machen. In dem Bericht stand, dass man solange warten musste, bis andere Autos kämen, um bei schlechten Wetterverhältnissen weiter zu fahren. Und genau dadrüber hatten wir uns noch lustig gemacht....sowas passiert einem doch im April nicht mehr! Leider war diese Strecke aber die einzige, die von Bergen erreichbar nach Oslo führte, da die andere Europastraße wegen irgendwelchen Sprengungen gesperrt war. Und so blieb uns nichts anderes übrig als erstmal einfach weiter zu fahren. Vor einem Tunnel blinkte dann ein digitales Schild mit dem Wort "Kolonne" auf und so langsam wurde uns klar, dass wir verloren hatten, denn die digitalen Schilder sind eigentlich auch immer die aktuellen und so passierte es, dass wir nach 50 Meter im Tunnel am Ende einer Autoschlange ankamen.
Wir hatten uns grade eingereiht, da kam ein Norweger zu unserem Auto, um uns zu erklären wie wir uns in der Kolonne verhalten sollten, wenn wir aus dem Tunnel fuhren. Ein Einsatzfahrzeug klärte uns darüber auf, dass wir mindestens noch 2 h warten müssten, bis wir hier rausfahren durften und dass es gar nicht sicher sei, ob man heute überhaupt nochmal fahren durfte, denn das Wetter (ein Schneesturm) sollte noch schlimmer werden.
Das hatte zum Ergebnis, dass Sarah und ich beide total panisch wurden und uns dazu entschieden im Tunnel umzudrehen und einen anderen Weg zu suchen. Mittlerweile saß ich dann auch wieder am Steuer. An der Tankstelle hinter dem Tunnel, machten wir dann eine Pause für die Lagebesprechung aber es half alles nichts. Entweder wir fuhren wieder nach Bergen oder wir reihten uns im Tunnel ein. Leider kamen grade jetzt Leute aus der Gegenrichtung an der Tankstelle an, die den Schneesturm passiert hatten. Als wir die Autos sahen war ich wirklich kurz davor zurück nach Bergen zu fahren. Die Leute mussten ihre Scheiben mit Besen vom Schnee befreien, der Kühler war komplett zugefroren und ansonsten sah man auch nichts mehr vom Lack, sondern nur noch Schnee. Oh mein Gott!!!!

Wir wollten es aber wenigstens versuchen und die Frau an der Tnkstelle, die grade aus dem Schneesturm kam, berichtete uns, dass sie 2 h gebraucht hätten, um dort rauszukommen und man einfach nichts mehr gesehen hätte. Unter ständigen Mutzusprechen fuhren Sarah und ich wieder in den Tunnel rein und warteten auf die nächsten Anweisungen.

Das Einsatzfahrzeug hielt einen ständig auf dem neuesten Stand, wie lange man noch im Tunnel bleiben musste und nach 2 h ging es dann auch tatsächlich los. Sarah und ich wappneten uns mental gleich in unser Ende reinzufahren....zuerst fuhr ein Räumungsfahrzeug und dahinter kam dann die Kolonne. Zu beiden Seiten türmten sich ca. 2 Meter Schnee auf. Wir versuchten nicht den Anschluss zum orderen Fahrzeug zu verlieren (es war ganz schön glatt) und ließen die Lüftung auf größter Stufe laufen, obwohl wir mittlerweile komplett durchgefroren waren. Allerdings fragten wir uns nach kurzer Zeit bereits, wieso die Autos so ausgesehen haben, denn so schlimm war das hier nicht. Da wussten wir auch noch nicht, dass dies der harmlose Abschnitt der Strecke war, denn nach 15 Minuten standen wir erneut in einem Tunnel (die Norweger beschleunigten hier wohlbemerkt direkt auf 110 kmh, obwohl nur 80kmh erlaubt waren und wenn ich hier noch geblitzt worden wäre, hätte das der Blitzer nicht überlebt, denn den Anschluss zur Kolonne wollte ich nicht verlieren, nur weil ich mich an Geschwindigkeitsbegrenzungen halten musste) Hier kamen wir aber wieder zum Stehen und nach 2 h wurde uns mitgeteilt, dass wir noch min 3 h ausharren mussten. Sarah und ich saßen mittlerweile mit Fleecedecke und Bettdecken im Auto, spürten unsere Füße nicht mehr und mussten ziemlich dringend mal auf die Toilette. Zwischendurch schliefen wir immer wieder ein (Vorteil an einem Tunnel - es gibt keine Kurven, erst recht nicht, wenn man nicht fährt....) aber am Wetter änderte sich leider nichts. Im Gegenteil, die Autos, die vor uns dran waren hinter riesigen Schneeraupen aus dem Tunnel fahren zu dürfen, blieben einen Meter hinter dem Tunnel direkt wieder stecken und irgendwann wurde ein Audi von einer dieser Schneeraupen an einer Kette wieder in den Tunnel gezogen. Dieser hatte den Anschluss zum vorderen PKW verloren und war unverzüglich im Schnee gelandet. Das Auto war fast zur Hälfte Schrott und komplett eingeschneit und zugeeist. Daraufhin wurde Sarah total panisch und stammelte nur noch vor sich hin "Oh mein Gott, Hanna, das ist ein Audi und wir fahren mit einem Golf darein!!!". Ich war mittlerweile soweit, dass mir alles egal war. Mich hat nichts mehr geschockt oder aufgeregt. Man konnte ja sowieso nichts ändern. (Man hätte mir auch erzählen können, dass wir gleich rosa Elefanten hinterherfahren müssten.....auch das hätte ich so hingenommen und abgenickt....)

Bevor noch die Bettdecke dazu kam...

Und wieder heißt es "Warten"....


Zum Glück konnten wir nach ca. 4 h in einen beheizten Rettungsraum mit Toilette. Mit ca. 20 anderen Leuten und bestimmt 10 Kindern. Aber auch das störte mich nicht mehr. Ich zog mir noch die Schuhe aus, legte meine Füße auf die Heizung und war innerhalb von 10 Minuten eingeschlafen. (Man kann sich hoffentlich den ungefähren Geräuschpegel in diesem Raum vorstellen) Wir waren um 13 Uhr in den ersten Tunnel reingefahren und um 19:30 Uhr teilte man uns mit, dass wir wieder zu unseren Autos gehen sollten. Mittlerweile kamen uns auch wieder Autos entgegen und der Anblick machte uns nicht grade Mut. Die Schneeraupe, die diesen Autos voranfuhr, wendete im Tunnel (stramme Leistung) und räumte anschließend unsere Seite wieder frei. Zuerst mussten die Räumungsfahrzeuge aber erstmal von Schnee befreit werden. Als wir aus dem Tunnel rauskamen,  türmten sich locker 5 Meter Schnee zu beiden Seiten auf. Über uns - blauer Himmel- und trotzdem konnte man wegen dem Wind, der die ganze Zeit für Schneeverwehungen sorgte, seine Hand vor Augen nicht sehen aber scheinbar hatte sich der Schneesturm gelegt.




Mit Decke auf dem Schoß fuhren wir also der Kolonne nach und beteten, dass dies der letzte Abschnitt war. Wir hatten schließlich grade mal ein Drittel unserer Strecke geschafft. Danach kam wieder ein Tunnel, den wir aber komplett passieren konnten. Hier standen die Autos bereits bis hinter den Tunnel und Sarah und ich fragten uns, wie lange diese Menschen dort wohl noch stehen bleiben mussten. Hinter diesem Tunnel kam aber dann irgendwann wieder eine einigermaßen passierbare Straße in Sicht, die Schneeraupe hielt auch an, was für uns nur eins hieß:  
FREIHEIT & WIR LEBEN NOCH!!! (Und das Auto auch!)

So sah das Wetter hinter dem Gebirgspass aus




Von hier aus waren es noch ca. 4 h bis nach Oslo und es war mittlerweile 20 Uhr. Aber Umdrehen kam nicht mehr In Frage (haha- guter Witz...) und woanders übernachten war zu teuer, also wechselten wir uns in immer kürzeren Abständen ab, damit jeder mal schlafen konnte. Vor Oslo passierten wir sogar ein Stück Autobahn (ich weiß nicht wann ich das letzte Mal 110 kmh gefahren bin...) und in Oslo gab  es dann sogar Tunnel mit Kreisverkehren drinnen zu bestaunen. (Verrückte Norweger...)

Um 1 Uhr kamen wir dann in der Jugendsherberge an, diese war zum Glück ausgeschildert, denn ich hätte heute definitiv nichts mehr gesucht. Sarah und mir fielen dauernd die Augen zu und nachdem wir den Schneesturm überlebt hatten, hatte ich keine Lust als Hackfleisch in der Leitplanke zu enden. Nachdem wir uns an der Rezeption angemeldet hatten, packten wir noch unsere Sachen und machten uns zielstrebig auf Richtung Bett. Das Zimmer war pragmatisch und schön eingerichtet aber es war eben kein Couchsurfen mehr....


Die Jugendherberge (am nächsten Tag aufgenommen)


Am nächsten Tag stand dann die Innenstadt auf dem Plan.




1 Kommentar:

  1. Lustig zu lesen, aber bei der Vorstellung doch recht gruselig. Gut dass es heil überstanden wurde - trotzdem : tolle Bilder...

    LG

    W.

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